ERINNERN FÜR DIE ZUKUNFT – ZUKUNFT FÜR DIE ERINNERUNG
Die dreiteilige Lehrer*innen-Fortbildung - eine Erfolgsgeschichte!
Mit dem Beginn des Pilotprojekts 2010 sind insgesamt fünfmal Lehrerinnen und Lehrer aus ganz Baden-Württemberg nach Israel geflogen. Die Reisegruppen kommen jeweils aus verschiedenen Schularten (beruflichen Schulen, Realschulen und Gymnasien), vorwiegend aus den Fachbereichen Geschichte, Gemeinschaftskunde / Politik, Religion, Ethik und Deutsch. Kern der dreiteiligen Lehrer*innen-Fortbildung ist ein mehrtägiges Seminar in Yad Vashem in Jerusalem. Vorab findet ein eineinhalbtägiges Einführungsseminar statt, in der Regel in Bad Urach, als Abschluss ein eintägiges Nachbereitungstreffen in Stuttgart.
„Gute Bildung ist das Fundament der Demokratie; sie ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“ – ein Zitat unseres Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dessen Gültigkeit nichts an Relevanz verloren hat, im Gegenteil! Nach wie vor und trotz aller Aufklärung in der Schule und durch die Medien ist ein latenter Antisemitismus von etwa 20% in der bundesrepublikanischen Gesellschaft festzustellen. In Zeiten von NSU-Morden und anderen rechtsextremistischen Aktivitäten im städtischen und ländlichen Raum und darüber hinaus einer zunehmenden zeitlichen Distanz zu den Verbrechen der stellt sich für alle pädagogisch Verantwortlichen umso dringlicher die Frage, wie die Schule im Zusammenwirken mit dem Elternhaus den Jugendlichen die Bedeutung des Holocaust / der Shoah als „Zivilisationsbruch vor den Augen der Öffentlichkeit“ vermitteln kann. Darin liegt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich die historisch-politische Bildungsarbeit unbedingt annehmen muss.
Insofern entwickelte sich ein folgerichtiger Prozess, an dessen Ende 2015 eine breite Verankerung des bewährten Fortbildungskonzepts des SWL, der LpB und Yad Vashems in der baden-württembergischen Lehrkräfteaus- und –fortbildungs-landschaft durch das Kultusministerium erfolgt ist. Die dreiteilige Fortbildung richtet sich zunächst einmal an Multiplikatoren der verschiedenen Fachbereiche, wird aber jeweils mit „normalen“ Lehrerinnen und Lehrern aufgefüllt, wenn noch Plätze frei sind. Die Israelreise wird vom Kultusministerium finanziell großzügig bezuschusst. Die Übernachtungs- und Verpflegungskosten werden von der Landeszentrale für politische Bildung übernommen.
Zusätzlich zum Seminar in Yad Vashem gibt es ein mehrtägiges Rahmenprogramm in Israel, um die besonderen Gegebenheiten des Landes kennen zu lernen, insbesondere um auch Eindrücke von dem Spannungsfeld zwischen den verschiedenen jüdischen Glaubensrichtungen einerseits und zwischen den großen monotheistischen Religionen andererseits zu gewinnen und unterschiedliche Perspektiven der verschiedenen Kulturen und Ethnien in Israel kennen zu lernen. So wurde unter anderem eine Fahrt nach Talita Kumi unternommen, einer Schule für christliche und muslimische Kinder in der Nähe von Bethlehem. Die deutschen Lehrer*innen erhielten dort von einem
palästinensischen Kollegen einen detaillierten Bericht über die Auswirkungen der israelischen Besetzung auf die Schule und das Leben der betroffenen Bevölkerung. Höchst spannende Programmpunkte 2019 waren eine Fahrt auf die Golanhöhen mit einem ehemaligen Offizier der israelischen Armee, das Tent of Nations, die biblischen Stätten am See Genezareth, ein Besuch in der Westbank (u.a. Bethlehem) und vieles mehr.
Unter Einhaltung der Hygiene-Bestimmungen in der Corona-Pandemie kann die nächste Israelreise in den Herbstferien 2021 stattfinden. Der Folgetermin für die dreiteilige Lehrer*innen-Fortbildung wäre dann turnusgemäß 2023.
Eine Herausforderung für die historisch-politische Bildung
Der SWL hat im Jahre 2010 in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und der International School for Holocaust Studies in Yad Vashem eine dreiteilige Fortbildungsveranstaltung zu diesem Thema höchst erfolgreich durchgeführt. Sie haben die Möglichkeit, die Dokumentation dieser Veranstaltung hier herunterzuladen. Eine Wiederholung dieser Veranstaltung ist vorgesehen.
Kooperationsabkommen
Am 25. November 2011 unterzeichneten der Direktor der Internationalen Schule für Holocaust Studien für die deutschsprachigen Länder, Herr Arik Rav-On, Frau Kultusministerin Warminski-Leitheußer, Ulrich Frick, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Baden Württemberg, und Professor Roland Wolf, 1. Vorsitzender des SWL, eine Kooperationsvereinbarung zum „Holocaust als Unterrichtsthema“.
Bei der feierlichen Unterzeichnung im Stuttgarter „Haus der Geschichte“ – von links nach rechts: Prof. Roland Wolf, Frau Ministerin Warminski-Leitheußer, Herr Direktor Ulrich Frick, Herr Direktor Arik Rav-On
Damit soll das erfolgreiche Projekt der Lehrerfortbildung zu dem Thema „Holocaust“, bestehend aus Tagungen und einem Besuch in Jerusalem fortgesetzt werden.
Frau Ministerin Warminski-Leitheußer lobte die bisherige Arbeit der Kooperationspartner. Sie betonte in überzeugender Weise die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen pädagogischen Umsetzung des Themas im Unterricht. „Die grauenhaften Verbrechen der Nazizeit dürfen nicht in Vergessenheit geraten.“ Sie wies darauf hin, dass die aktuellen Fälle von rechter Gewalt zeigten, wie wichtig die Aufarbeitung der Vergangenheit sei.
Direktor Arik Rav-On sprach seinen Wunsch aus, dass das an diesem Tage unterzeichnete Abkommen nicht nur ein Stück Papier sei, sondern mit Leben gefüllt werde.
Professor Wolf hob die Lernchancen hervor, die die Kooperation biete. „Das pädagogische Angebot aus Yad Vashem ermöglicht authentische Einblicke, wie der Holocaust aus jüdischer und israelischer Perspektive erlebt wurde und was er für Spuren hinterlassen hat.“ Wichtig sei es dabei, Juden nicht nur in der Opferrolle wahrzunehmen, sondern auch deren Rolle in der deutschen Kultur kennenzulernen.
Frau Dr. Maria Halbritter hatte das Projekt 2009/10 auf den Weg gebracht – und erläuterte die Projektgeschichte und den Verlauf der ersten Veranstaltungsreihe.
Ein wesentlicher Beitrag zum Programm der feierlichen Unterzeichnung dieses Kooperationsabkommens bestand in der Aufführung von Schülern aus Bretten, Dusslingen und Villingen-Schwenningen, die Präsentationen zu dem Thema erarbeitet hatten. Alle Beteiligten waren sich darin einig, dass daraus eine lebendige und kontinuierliche Kooperation entstehen soll.
(Alle Fotos: Haus der Geschichte Baden-Württemberg / Agentur Kraufmann)
Weitere Impressionen